Di, 17. Februar, 2015, 16:30 Uhr PTB Hörsaal Hermann-von-Helmholtz-Bau
Dr. Sigrid Annemarie Lindner, Otto-von-Taube
Gymnasium, Gauting bei München
„Physik, Politik und Kältetechnik von der
Weimarer Republik bis in die Bonner Republik – Walther Meißner als
Ressourcenmanager in drei politischen Systemen“
Der Vortrag greift vier
Schwerpunkte aus dem Werk des Physikers Walther Meißner heraus, der 1908 in
die Physikalisch-Technische Reichsanstalt (PTR) eintrat und 1934 an die
Technische Hochschule München wechselte. Meißners Ruhm begründet sich vor allem
darauf, dass ihm 1925 erstmals in Deutschland die Verflüssigung von Helium
gelang und dass er zusammen mit Robert Ochsenfeld den magnetischen
Verdrängungseffekt beim Eintreten der Supraleitung entdeckte.
Zunächst wird ein bisher
unbekanntes Dokument vorgestellt, das Licht auf die Entdeckung des
Meißner-Ochsenfeld-Effektes und den später ausgetragenen Urheberstreit
wirft. Im Anschluss daran soll ein Kapitel angesprochen werden, das in der
Forschung bisher wenig Beachtung fand: die Vierjahresplanforschung. Während
des Zweiten Weltkrieges unterstellte Meißner die Tieftemperaturabteilung
seines Institutslabors dem Reichsamt für Wirtschaftsausbau, einer Behörde,
die im Rahmen von Görings Vierjahresplan-Apparat gegründet wurde.
Ferner ist zu fragen, wie Meißners
Verhältnis gegenüber Johannes Stark zu werten ist. Meißners Lebensweg
kreuzte sich immer wieder mit dem des Physikers, der als Hauptvertreter der
antisemitisch gefärbten „Deutschen Physik“ auftrat –
nicht zuletzt wurde Stark 1933 Präsident der PTR und damit Meißners
Vorgesetzter.
Der Einmarsch der Amerikaner
erzwang 1945 eine Neuorientierung Meißners auf dem Gebiet des
Ressourcen-Managements. So rief er ein technisches Prüfamt ins Leben, das
sich über Gebühren für technische Gutachten selbst finanzieren sollte. Ob
von Meißner intendiert oder aus den Umständen gewachsen, trat dieses „Amtliche
bayerische Prüfamt für technische Physik“ als Ersatz für die PTR in
Bayern auf, in der Funktion einer hoheitlichen Behörde.
Auf die Ausgliederung der
Kälteabteilung aus der Technischen Hochschule und deren Etablierung als
Forschungsinstitut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften soll
abschließend noch kurz eingegangen werden.
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